Ein "Englischreiter" wird zum Cowboy...


Mein Name ist Heinz Balk, geboren bin ich in Regensburg, also ein waschechter Bayer.

Mein Wunsch war es schon immer mit Pferden umzugehen, aber leider waren meine Eltern dagegen, mir meinen auserkorenen Sport zu finanzieren.

Mein zweiter Wunsch war, einmal in die Vereinigten Staaten zu reisen um all das zu erleben, was bei Karl May zu lesen war und ich aus all den Westernromanen entnehmen konnte. Ich wollte immer reiten wie die Cowboys und mein Leben in der Natur verbringen. Aber es dauerte mehr als ein halbes Leben, bis ich mir meinen zweiten Wunsch erfüllen konnte.

Erst im fortgeschrittenen Alter von 27 Jahren machte ich meine ersten Reitversuche auf einem Bauernhof, wurde von der Stute Lori abgeworfen und habe mir dabei gleich 2 Rippen gebrochen. Das waren meine ersten Erfahrungen mit Pferden. So beschloß ich, in Regensburg in die Reitschule zu gehen, um mir Unterricht erteilen zu lassen. Ich machte sehr gute Fortschritte und habe mit Schulpferden an kleinen Springturnieren teilgenommen. Ein eigenes Pferd konnte ich mir anfangs nicht leisten, aber ich fand einen guten Sponsor, der mir seine Pferde, er hatte 4 davon, zur Verfügung stellte und ich auf Turniere gehen konnte. Ich habe also den Englisch-Reitsport gewählt, weil es damals keine andere Möglichkeit gab. Das Westernreiten war zu dieser Zeit in Deutschland noch nicht populär, also entschied ich mich für den Turniersport und blieb diesem auch 25 Jahre treu verbunden und erreichte schöne Erfolge in der Klasse M und S. Über das Wochenende war ich immer auf Turnieren unterwegs und diese schöne Zeit möchte ich nicht missen.

Im gesetzten Alter, immer noch ein Ziel vor Augen - beim Springsport muss man wissen wann man aufhören muß - wechselte ich in die Distanz-Szene. Nachdem ich gleich mit meinem selbst - trainierten Pferd (ein Mix von Budjonny und Achal-Tekke) "Raschid" beim ersten Distanzritt unter den Ersten platziert war, ergab es sich, daß ich einen Sponsor in einer Firma fand.

Und so wurde ich zum Spezialist für russische Pferde, wie Don-Pferd, Kabardiner, Karabache, Kirgise, Achal-Tekke (das ist wohl die edelste und berückendste Pferdeart Rußlands, bereits Marco Polo berichtete Ende des 13. Jahrhunderts von den Achal Tekkinern), Terek, Orlow, Woronesch (eine sehr alte Rasse, die auf Peter den Großen zurückgeht). Ich bildete meine Pferde für grosse Distanzen aus und war damit in Bayern sehr erfolgreich und so erhielt ich eine Einladung aus Moskau, dies war noch zur Zeit der Sowjetunion, an einigen großen Pferdeauktionen teilzunehmen.

Ich flog also mit meinem Sponsor nach Moskau und verbrachte drei Wochen dort. Ich war sehr beeindruckt von dem riesigen Pferdepotential und lernte alle Pferderassen und die Gebiete, aus denen sie kamen, kennen. Die Reise ging bis an den Baikalsee und endete mit einem Relazingprogramm auf der Insel Krim.

Mein Sponsor kaufte 20 Pferde und so waren wir für unser Vorhaben gut ausgerüstet. Es waren alles Hengste und es war manchmal nicht einfach bei den Veranstaltungen sie zu reiten, manche waren schneller als der Wind.

Inzwischen fand auch meine Frau Gertraud daran Gefallen und stellte ebenfalls Hengste auf den 30 km Distanzen vor, sie erhielt meistens den Konditionspreis, weil sie mit der Geschwindigkeit der Pferde nicht allzuviel anzufangen wußte. Was allerdings ein gutes Aufbauprogramm für die längeren Ritte (50, 60 und 80 km) war, die mir überlassen wurden.

Da diese Achal-Tekkiner von Farbe, Leistung und Ausstrahlung etwas besonderes waren, erzielten wir auch gute Verkaufserfolge, so daß wir beschlossen uns einen eigenen Stall zu bauen und ein entsprechendes Trainingsgelände anzulegen.

Von 1984 bis 1990 waren wir ziemlich erfolgreich in der Szene, konnten jedoch unsere Vorstellungen, eine Trennung im Wettbewerb zwischen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, schon allein wegen des Gewichtes, im Verband nicht durchsetzen und so beschlossen wir mit dem Leistungssport aufzuhören und die Reiterei nur noch als Hobby zu betreiben.

Zum Abschluß habe ich an einem Ritt quer durch die Sahara teilgenommen und erfolgreich beendet, ein für mich unvergeßliches Erlebnis.

Nun zu meinem zweiten Wunsch: Amerika zu durchreisen. Darauf mußte ich bis 1989 warten. Wir planten mit Freunden eine 3-wöchige Tour mit dem Auto durch Amerika. Als wir in Arizona an einem Ausritt teilnahmen haben wir erfahren, daß die Mauer "down" ist.

Ich war von Land und Leute so beeindruckt daß ich den Gedanken nicht mehr los wurde öfter in die Staaten zu reisen. 1992 hatte ich dann geschäftlich eine kurze Zeit in New York zu tun und so lernte ich auch die City Slickers kennen und fand die Leute einfach toll.

In einem Journal habe ich 1993 gelesen, daß aufgrund der 150 Jahrfeier des "Oregon Trails" ein Veranstalter einen 7-tägigen Trailritt anbietet. Meine Frau war von der Idee, daran teilzunehmen, sofort begeistert. Sodann habe ich eine Gruppe organisiert, wir sind nach Portland geflogen und von dort nach Central Oregon gefahren.

Die Erlebnisse auf dem Trail bestärkten mich, meinen Reitstil zu ändern und ein Quarter Horse zu kaufen. Meine Frau verliebte sich allerdings in eine Araberstute, die sie während des Trails nur mit einem Bosal ritt, also haben wir uns entschlossen die Stute gleich mit nach Deutschland zu nehmen.

Im April 1994 kehrten wir nach Oregon zurück, wir hatten zwischenzeitlich unsere Achal-Tekkiner verkauft und sahen uns nach Quarter Horses um. Bei einer der größten Pferdeauktionen im Nordwesten von Amerika, in Hermiston, kauften wir vier Quarter Horses.

Den Oregon Trail, an dem wir 1993 teilnahmen hat ein Deutscher geleitet und von ihm habe ich unendlich viel über die Quarter Horses und die Westernreiterei erfahren, er war mir auch beim Pferdekauf behilflich und ich bin ihm sehr dankbar dafür.

Als wir unsere Pferde von der Auktion holten und nach Prineville fuhren, dies ist nun unsere nächstgelegene größere Stadt, sah meine liebe Frau Gertraud ein Schild: "Ranch for sale". Wir haben für den nächsten Tag Interesse halber einen Termin mit dem Makler vereinbart um diese Ranch zu besichtigen. Wir waren beide sehr beeindruckt, es war alles sehr sauber und gepflegt, was wir eigentlich nicht erwartet hatten. Die Ranch war nicht zu groß, 15 acres, alles zu bewässern mit schönen gepflegten Weiden. Nun war guter Rat teuer, wir hatten nun 4 Pferde und nur noch einen Tag zu überlegen, denn schon am nächsten Tag war unser Abflug gebucht. So gingen wir also zur Titel Company (Grundbuchamt und Notar) und machten den Deal perfekt.

Wir hatten nun fünf Pferde, eine Ranch in den USA und wohnten in Deutschland.

Als unsere Pferde in Deutschland ankamen versuchte ich, einen Trainer zu finden, der sich mit unseren jungen Pferden beschäftigte und weiter sie ausbildete, denn die Pferde waren nur "green broke" und es war notwendig daß darauf aufgebaut wurde. Wir konnten uns selbst der Aufgabe nicht widmen, denn wir waren beide an unseren Beruf gefesselt.

Soweit kam es allerdings gar nicht, denn bereits nach vier Wochen hatten wir alle vier Pferde verkauft, lediglich die Stute meiner Frau hatten wir noch, diese ist bis heute unverkäuflich.

Also machte ich mich wieder auf um weitere Quarter Horses zu kaufen. Da wir ja nun auch unsere eigene Ranch hatten, kauften wir ein und fingen auch gleich mit der Zucht von Quarter Horses und Appaloosa an. Dabei legte ich großen Wert auf eine gute Zucht von Performance Horses und bin sehr stolz, daß all unsere Kunden mit ihren Pferden gut zurecht kamen und sogar Deutsche Meisterschaften und Europameisterschaften damit gewannen.

Nun suchte ich wieder nach einem geeigneten Trainer, fand auch einen, der sich wenigstens so nannte. Nach einiger Zeit stellte ich jedoch fest, daß dies nicht meinen Vorstellungen entsprach. Mittlerweile versuchte ich, die Dinge reiterlich wieder selbst in die Hand zu nehmen, und besuchte Clinics bei amerikanischen Trainern, um wenigstens für den Hausgebrauch Westernreiten zu können. Dabei lernte ich wieder einen Deutsche kennen, der Amateur Trainer war, und mit dem ich mich sehr gut verstand. Also schlug ich ihm vor, unsere Pferde zu trainieren und wenn ich in den USA war, die Versorgung unserer Pferde zu übernehmen.

Zu dem Zeitpunkt hatte ich mir in Californien eine Stute "Lena San Cheri" gekauft, sie war gerade drei Jahre und hatte von den Cutting Bloodlines die vier bekanntesten Hengste in ihrem Papier. Ich kaufte sie nur nach dem Papier, hatte die Stute vorher nie gesehen, nicht einmal ein Foto. Inzwischen stellte sich heraus, dass ihr Vollbruder "Lenas Telessis" ein sehr erfolgreicher Hengst, für 1 Million Dollar nach Texas verkauft wurde und eine Decktaxe von $5.000,00 verlangt wird.

Mein auserwählter Trainer war also in der Zeit, als ich wieder für 4 Wochen in Amerika war, beauftragt, sich intensiv mit dem Pferd zu beschäftigen. Als ich wieder nach Hause kam, war "Lena" in einem sehr traurigen Zustand, die Nase war dick geschwollen, sie hatte Abschürfungen von den Sporen und war ein reines Nervenbündel. Mein Trainer teilte mir also mit, "diese Pferd sei nicht einmal das Schlachten wert und er werde sie auch nicht mehr reiten".

Es war mir nun klar, entweder mit all dem Westernstaff aufzuhören oder selbst die reiterliche Initiative zu ergreifen. Ich nahm also wieder an Clinics teil und stellte letztendlich fest, daß im wesentlichen beide Reitweisen (englisch und western) sehr ähnlich sind, lediglich die Westernreiterei auch ohne große "Anlehnung an das Gebiß" zu Erfolg führt. Ich könnte gerade bei diesen Dingen noch weiter ausholen aber ich will es dabei belassen.

Ganz kurz noch zu meinem Lieblingspferd "Lena": ich brachte es dann noch fertig, sie selbst zu trainieren, bildete sie selbst aus, konnte mich 1997 für die Europa Championship der AQHA in Kreuth qualifizieren und belegte mit meinem 4-jährigen Pferd den 8. Platz im Finale.

Ich hatte das richtige Feeling für dieses Pferd und beschloß, es mit in die Staaten zu nehmen, zurück in ihre Heimat. Und da meine Frau ihre Stute Czarina unter keinen Umständen in Deutschland lassen wollte, nahmen wir also beide Pferde mit. Es stellte sich sehr bald heraus, dass es kein Fehler war, denn durch die Reiterei fanden wir schnell Anschluß in unserer neuen Heimat.

Im März 1998 siedelte ich total um. Wir verkauften in Deutschland alles. Also keine Brücke mehr zurück zur alten Heimat und wir haben beide die Herausforderung angenommen, alles zu ändern, das Land, die Kultur, die Sprache, das Leben und die Reitweise.

Wieder zurück zu "Lena": als ich in Oregon war besuchte ich verschiedene Shows suchte mir einen guten Trainer, nahm mehrmals in der Woche Unterricht an den Rindern, am Critter oder an der mechanical Cow und im Juli nahm ich mit "Lena" an meiner ersten Show teil. Nachdem die Teilnehmer immer zwischen 80 und 100 Reitern waren, war es mir ehrlich etwas mulmig. Es hat sich auch recht schnell herumgesprochen, daß ein "German" im wirklich urtümlichen Sport in Amerika reitet und wenn der "German" an der Reihe war wurde es immer ganz still, denn jeder wollte sehen was der "German" macht. Doch ich hatte Glück und bekam bei meinem ersten Start in den USA einen 73er Score und gewann meine erste Prüfung und erreichte in den Championship in Oregon den 3. Platz am Ende dieser für mich wirklich einmaligen Saison.

Die Association machte mir außerdem den Vorschlag, mich als Board-Director für Central Oregon zur Wahl zu stellen. Seit 1999 bin ich nun Board-Member und helfe mit, Shows zu veranstalten. Ich fühle mich dabei sehr wohl. Ebenso meine Frau, die immer mit unseren Pferden Turnback reitet und fleißig im Club mithilft. So haben wir es unseren Pferden zu verdanken, schnell den Anschluß gefunden zu haben.

Gertraud wurde auch im Jahre 2000 für ihren persönlichen Einsatz und ihre Unterstützung mit einer Urkunde ausgezeichnet. Für das Jahr 2001 haben wir uns mehr vorgenommen. Ich habe mich für die großen North West Shows qualifiziert und möchte gerne an zwei oder drei großen Shows mit meinem Pferd "Lena" teilnehmen, da es dabei auch gutes Geld zu gewinnen gibt.

Wir haben beide ein selfemployment Visa und können in diesem Jahr die Greencard beantragen, da ich mit einem Amerikaner eine Touristik Firma "Oregon Trail" gegründet habe. Unser Trail-Programm ist sehr exclusiv und beinhaltet alles was einem echten Westernfan erfreut mit einem entsprechenden Background und Entertainment mit Schriftsteller und Cowboy Poetry, Indian Dance und Massagen von schönen Indianerinnen in den Hot Springs von Kha -Nee-Ta mit Spielcasino und einer Erlebnisfahrt von San Francisco den Hwy 101 zu uns auf die Ranch. Wir haben unser Programm auch so gestaltet, daß für jeden sich eine Reise nach Central Oregon lohnt, denn unser Bausteinprogramm läßt eine individuelle Gestaltung zu.

Weiter beschäftigen wir uns mit unserer Zucht und importieren und exportieren Performance Horses. Wir machen hier das gesamte Handling einschließlich der Lieferung bis zum neuen Besitzer. Es kann sich entweder bei uns oder bei der Auktion in Hermiston jemand einen Absetzer oder Jährling kaufen, bei uns stehen lassen und dann 2-jährig nach Deutschland schicken. Dann erhält er zu einem sehr guten Preis sein Traumpferd.

Wenn ich alles überdenke ist es nur schade, nicht schon früher diesen Schritt getan zu haben. Central Oregon ist noch das Land der Cowboys Ranches Space und Freiheit. Es gibt nur eine dünne Besiedelung: 2.700.000 Einwohner auf einer Fläche so groß wie die alte Bundesrepublik. Da hat man einen gewaltigen Freiraum. Es ist fast wie in Bayern mit Bergen, Wäldern und Seen nur mit dem Unterschied, daß wir im Jahr ca. 300 Sonnentage haben und daher nicht unter den manchmal in Europa herrschenden tristen Wetter leiden müssen. Daher wurden wir beide auch nie "homesick" . Wenn ich unserer Entscheidung die Cowboy Poetry "the life is short and the ride is hard" zugrunde lege, dann kann ich dies nur bestätigen: Es ist nicht einfach in einem fremden Land Fuß zu fassen, wir haben es jedoch nicht bereut.



Heinz Balk
im Januar 2001


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